… ehrlich, wir haben uns das nicht lange überlegt. Natürlich schwingt eine Portion schlechtes Gewissen und die Frage, ob wir zu egoistisch sind, mit.
Wir verreisen als Familie über das „Heilige“ Fest und lassen unsere Familien einfach im Stich. Sind uns die Familienzusammenkünfte denn völlig egal? Kann man das denn nicht auch anders lösen? Und überhaupt – Warum fährt man denn mit kleinen Kindern überhaupt so weit? Alles berechtigte Fragen & Argumente und dennoch nur eine Version der möglichen Geschichte.
Ich erzähle euch die andere Variante. Nicht weil sie romantischer ist oder mir Version A nicht zusagt, sondern weil unsere reiflich reflektierte Lösung der Versuch der Selbstrettung war und das kann ich jetzt schon verraten: Trotzdem wir nicht einen einzigen von insgesamt 11 Urlaubstagen lazarrettfreie Zone hatten, war es die beste Entscheidung für unser persönliches Jahresende und ich bin stolz auf meinen Mut, gut für uns gesorgt zu haben!
Wir machten uns am 23. direkt nach der Kindergartenweihnachtsfeier auf den Weg ins 1100km entfernte dänische Skagen, um dort bis zum 3. des nächsten Jahres eine erholsame, gemeinsame Zeit zu verbringen und mein Hygge-Depot wieder aufzufüllen bzw. für neue Inspiration zu sorgen. Wir packten also neben dem üblichen Ferienhauskladderadatsch die Weihnachtsdeko mit ein, unser Jetbag spielte heimlich Christkindlager und die eh vorhandene skandinavische Winterausrüstung (derzeit ohne Daseinsberechtigung in Bayern) darf endlich an ihre Grenzen gejagt werden.
Dass Weihnachten in diesen Zeitraum fällt, ist kein Zufall, man könnte es schon als Fluchturlaub titulieren und die Frage war natürlich, ob das unter einem guten Stern stehen kann. Erneutes JA. Denn, das Jahr war kräftezehrend veränderungsfreudig, von Krankperioden durchzogen und neben all dem Freud-Leid-Austarieren war v.a. eines klar. Niemand von uns erträgt jetzt noch eine Weihnachtsenttäuschung. Wir haben viele Feste gefeiert dieses Jahr, in unterschiedlichsten Zusammensetzungen für Befindlichkeiten aller Art und waren in Punkto Einfallsreichtum gefühlt Spitzenreiter. Kein Garant für stimmungsvolle Atmosphäre. NEIN. In Rückschau auf das letzte Weihnachtsfest war mir klar, ich stemme enttäuschte Gesichter dieses Jahr nicht in diesem Ausmaß und ich mag meine Erwartungshaltung an Feierlichkeit nicht gen Pol Kargheit ausrichten, also müssen wir uns die Welt machen, wie sie uns gefällt ;).
UND WAS HAT DAS GANZE NUN MIT ANWALTLICHEN PFLICHTEN ZU TUN?
Als Mama kleiner Kinder sehe ich meine Aufgabe darin, diese in ihren Gefühlen & Bedürfnissen wahrzunehmen und zu verstehen. Dass sich das Menschenbild einer Heilpädagogin in diesem Fall dazu gesellt, ist sicher kein Zufall, stärkt und stützt das Dasein aber ungemein und ist tief in mir verankert.
Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar und einer gewissen Gegenbewegung zum Adultismus kann ich zustimmen. Das hat erst einmal nichts mit feierlichen Anlässen zu tun, spitzt sich bei solchen aber oft zu. Konkret: Wenn ein Kind ans Christkind, den Weihnachtsmann und/oder den dänischen Nisse glaubt, zeigt es sich bestenfalls dieser Figur gegenüber dankbar. Ich trete (noch) dafür ein, dass meine Kinder heimlich beschenkt werden um den magischen Funkelmomenten ihren ehrwürdigen Platz zu verleihen und bedanke mich persönlich ebenso heimlich bei dem edlen Spender. Für eine an mich gerichtete moralische Rüge, wir würden unhöfliche Menschen erziehen oder Zurechtweisung eines unter 6jährigen Kindes, sehe ich keinen Anlass und tue dies zum Missfallen Betroffener auch kund; ebenso heimlich versteht sich… Die Anklageliste könnte weitergeführt werden wenn es um das Zelebrieren, Singen, Essen… geht.
Alles Punkte über das WIE, die vielleicht im Einzelnen auch gar nicht so wichtig erscheinen. Ob die Verteidigung der Interessen eines/mehrerer Kindes:r notwendig ist, kann nur subjektiv & individuell beantwortet werden. Ich berichte darüber, weil sich Enttäuschung/Anpassung/Überforderung/Missachtung/Missinterpretation/… bei Kindern schnell im Verhalten widerspiegeln und den kleinen Erdenbürgern dann oft zu vorschnell etwas nachgesagt wird, das ihnen nicht würdig ist. Das bedarf ein zu Rate ziehen von Gesetzestexten (hier: Entwicklungspsychologie) mit fortfolgend klarer anwaltlicher Stellungnahme zum Schutz des Klienten.
Der Ton eines Anwaltes gefällt der Gegenpartei selten – meine Kinder haben mit meiner Entscheidung für ihr Dasein meine Stimme „gekauft“. Bedingungslos. Natürlich spielt man da mit Farbschattierungen und nimmt Rücksicht, Priorität haben jedoch die physische und psychische Unversehrtheit (ein großer Begriff, der Viel umfasst) eines Kindes; das ist die Moral von meiner Geschicht.
In Spieltherapeutischen Prozessen mit Kindern, die emotionale Schwierigkeiten hatten, fiel es mir nie schwer, Wünsche/Gefühle/Sorgen gegenüber deren Eltern einfühlsam zu interpretieren. Als Mama ist das etwas anderes. Denn da bin ich kein Neutrum. Die Intention ist die Gleiche, der Preis ein Anderer. Die Beziehung bedeutsamer und fragiler zugleich.
Der Mama-Anwalts-Job unliebsam für alle Großen – und für das Kind so unendlich wertvoll!!!
Ein Reisebericht, den ich am vorletzten Abend unseres verlängerten Aufenthaltes schreibe, weit weg von all den Blitzgedanken, die mir so in den Sinn kamen, während wir gerade etwas Tolles entdeckten, ein schönes Spiel initiierten oder die Natur so inspirierend war, dass postwendend ein Post hätte daraus wachsen können. Ich versuche, nicht zu frustriert zu sein, dass einige Gedanken wieder ziehen mussten und zu sehen, was wir Schönes erleben durfte. Trotz Krankseins haben wir eine hyggelige, verbindende Zeit inklusive phantastischer Eindrücke erleben dürfen, die wir im Herzen behalten werden. Danke Skagen – unser Luca hat heute bedauernd gefragt, ob die ’scheene‘ Weihnachtsbeleuchtung im nächsten Winter wieder hängen würde… er rechnet schwer damit, dass dies unsere neue Weihnachtstradition wird. Ich bin gespannt 😉
SAND STATT SCHNEE – MIT SCHLITTEN, SCHNEEANZUG & SANDMANN
Der erste Ausflug zum Meer erinnerte rasch an eine Schneeaktion. ‚Bittereisekalter‘ Wind, ausgerüstet mit wind- und schneedichten Overalls bauten die Jungs am Strand statt der sonst obligatorischen Burg einen Schnee- äh Sandmann ;). Hollerfässer kann man in den Dünen ebenso machen wie am Schneehang und Sandengel zaubern genauso viel Freude ins Gesicht der Kinder wie Sand in den Schneeanzug… und das Foto, das man als Mama vom Schneeengel machen will, gelingt beim Sandengel ebenso wenig, weil niemand – ohne das Bild zu versauen – aufstehen kann. Im Schnee nicht, im Sand nicht!
Worüber wir aber wahrlich ein wenig belächelt und gleichermaßen für den zufälligen Einfallsreichtum bewundert wurden, war der Zipfelbob, den wir in der Wanderdüne Rabjerg Mile dabei hatten. Zugegeben, Sand ist eben doch körniger beschaffen und flutscht weniger gut als Schnee, das Erlebnis für die Kinder war dennoch enorm.
SORGEN BEGRABEN – KLAGEMAUER ERRICHTEN – SAND ALS GESTALTENDES, PSEUDOTHERAPEUTISCHES ELEMENT
Für den Silvestertag hatte ich mir vorgenommen, in der Dünenlandschaft die Sorgen und unschönen Momente mit den Kindern begraben zu wollen, um sie nicht ins neue Jahr mitschleppen zu müssen und sie in Dänemark weit weg zu wissen. Burgbauaffine Jungs, vom 3-Tage-Fieber geschwächte Tochter und sonstige Gründe, hielten uns an diesem Tag von meinem Vorhaben ab – aufgeschoben ist aber bekanntlich nicht aufgehoben, weswegen Eliah & Luca beim letzten Ausflug zum Kattegat eine kleine, spontane „Klagemauer“ errichteten. Sie fanden tatsächlich ein paar Punkte, die sie freudig und mit geballter Power zwischen Felsen in einer Steinmauer begruben und entwickelten jede Menge Phantasien, wie sie künftig – ohne Strand, Platz für Sorgen & Probleme finden könnten.
WANDERDÜNE – HEUTE SIND WIR MAL NOMADEN
Neben der besonderen Wanderung nach Grenen – zur nördlichsten Spitze Nordjütlands – wo sich Ostsee und Nordsee treffen, hatten wir einen weiteren größeren Ausflug ins Auge gefasst, dessen konditionelle Anforderungen ich nicht gänzlich abschätzen konnte. Meist versuche ich, solche Touren thematisch aufzubauen, damit die Laufmotivation etwas gesteigert ist und wir im Falle von Tiefs in ein ablenkendes Spiel eintauchen können. Oft wirkt es so, als würden wir den ganzen Tag nur nach den Bedürfnissen der Kinder ausrichten und ja, sie nehmen einen hohen Stellenwert ein, was zeitweise anstrengend ist. Nichts desto trotz plane ich Ausflüge oft nach meinen Interessen und sorge für Abwechslung, weil ich selbst gern Weltenbummlerin bin und meine Familie gerne daran teilhaben lassen mag. So waren wir zweimal in der Wanderdüne und um etwas tiefer in das sandige Nirwana einzutauchen, wappnete ich uns beim zweiten Mal gedanklich als Nomaden und die Kinder hatten überhaupt kein Problem damit, spontan als Kamele hintereinander her zu krabbeln 😉
Was übrigens auch immer hilft wenn mal etwas der lustlose Wurm drin ist – „auf dem Kopf rumspringen“! Richtig gehört, aber natürlich nur auf dem Schattenkopf. Eignet sich freilich nicht immer, aber die Kinder lieben dieses aktivierend-erheiternde Spiel, bei dem sie mir nach aller Herzenslust gewaltig auf den Kopf treten dürfen. Ein streckezurücklegendes Fangspiel mit Gaudi, Stimme und ganz ohne Aua 😉
So – morgen wird gepackt und ein letztes Mal im Sand gebuddelt, ich bin unheimlich dankbar, dass mein Mann meine Entscheidung für diese kleine feine Scandic Christmas Story mitgetragen hat und wir mit vollem Sand-Hygge-Kerzenschein-Geschenke-Auto wieder nach Hause fahren, um dort die Waschmaschinenchallenge zu toppen! Hoffentlich hattet ihr einen sanften Jahreswechsel und könnt zuversichtlich auf all die 2023ger Geschichten blicken!
Herzliche Grüße,
Kathrin
PS: Was es mit DÄNEMARK, die Erste auf sich hat, verrate ich hoffentlich umgehend!
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